Forschung
"Data Neutrality and Open Access": Zugang zu Daten in der digitalen Wirtschaft

Google, Apple, Facebook, Amazon - die wertvollsten Unternehmen der Welt haben eines gemeinsam: exklusiven Zugang zu den Daten ihrer Nutzerinnen und Nutzer. Welche Auswirkungen hat dies auf den Wettbewerb in digitalen Märkten? Wie beeinflusst der Zugang zu Daten Innovation und Konsumenten in Märkten, die sich gerade im Prozess der Digitalisierung befinden? Die Nachwuchsforschungsgruppe "Data Policies" der Universität Passau untersucht unter anderem diese Fragen und erhält dafür im Rahmen des Bayerische Forschungsinstitut für Digitale Transformation (bidt) Förderung vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst.
Die Geschäftsmodelle und Plattformstruktur großer Internetfirmen verändern den Wettbewerb in digitalen Märkten grundlegend: Google, Apple, Facebook, Amazon dominieren die Wirtschaft mit Summen, die zum Teil größer sind als die Leistung mancher europäischer Staaten. Der Schlüssel des Erfolgs liegt im Rohstoff der New Economy: Daten der Nutzerinnen und Nutzer. Diese dienen als Quelle von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit - zugleich bauen die Firmen damit ihre marktmächtige Stellung weiter aus: Denn mehr Daten verbessern die Leistungen, was wiederum mehr Kundschaft anlockt, die wiederum noch mehr Daten liefert.
Welche Marktgesetze gelten in der New Economy? Und wie lassen sich diese sinnvoll regulieren? Welche Strategien sollten Unternehmen und Start-Ups im digitalen Wettbewerb mit Blick auf den Zugang zu Daten verfolgen? Ein Team um Dr. Daniel Schnurr, Akademischer Rat und Forschungsgruppenleiter an der Universität Passau, untersucht diese Fragen im Rahmen des Projektes "Data Neutrality & Open Access: Coherent Economic Policies for the Digital Economy". Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysieren diese Fragen mit Hilfe spieltheoretischer Modelle und testen die theoretischen Ergebnisse in ökonomischen Laborexperimenten sowie mit Computersimulationen.
Webseiten und Apps im Facebook-Dilemma
Zum Beispiel das Dilemma, in das Webseiten und Apps geraten können, wenn sie den Social-Login von Facebook oder anderen Plattformbetreibern verwenden: Zunächst verschafft dies beispielsweise der Webseite A einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Webseite B. Denn A kann jetzt Nutzerinnen und Nutzern individuell zugeschnittene Werbung anzeigen, aber auch personalisierte Dienste bereitstellen. Wettbewerber B ist gezwungen, nachzuziehen und implementiert den Login ebenfalls. Der Wettbewerbsvorteil relativiert sich. Es gewinnt: Facebook. "Das soziale Netzwerk stellt sich besser, die Webseiten auf dem Werbemarkt in manchen Fällen sogar schlechter", erklärt Dr. Daniel Schnurr. Und es könnte für die Webseiten noch schlimmer kommen. Etwa wenn Facebook die zunehmende strategische Abhängigkeit nutzt, um den Social-Login kostenpflichtig zu monetarisieren oder die Nutzungsbedingungen für die Webseiten nachteilig zu ändern.
Der Rat des Wissenschaftlers an Webseitenbetreiber und App-Anbieter: "Webseiten sollten sorgfältig abwägen, ob sich der kurzfristige Wettbewerbsvorteil tatsächlich lohnt und wie sie langfristig negativen Folgen entgegenwirken können." Nur: Bleibt den Webseiten tatsächlich eine Wahl? Auch das ist eine Frage, die die Passauer Forschungsgruppe untersuchen wird. Es geht um Marktmacht und deren möglichen Missbrauch - sowie um die Frage, ob und wie die Stellung der großen Plattform-Betreiber sinnvoll reguliert werden kann. Neben Maßnahmen und Regeln, die die Firmen direkt betreffen könnten, untersucht die Forschungsgruppe auch Vorschläge die darauf abzielen, Nutzern und Nutzerinnen eine effektivere Kontrolle über ihre Daten zu ermöglichen. So analysiert das Forschungsteam in diesem Zusammenhang die möglichen Wirkungen der neuen EU-Datenschutzverordnung, die ab Mai 2018 anzuwenden ist. Diese räumt Nutzerinnen und Nutzern beispielsweise das Recht auf Daten-Portabilität ein.